Ziegeleimuseum Lage

Von Paderborn aus erreicht man nach etwa einer dreiviertelstündigen Fahrt das LWL-Industriemuseum Ziegelei Lage. Die kleine Reise lohnt sich, wie unser Testteam an einem traumhaft schönen Samstagmorgen feststellte, als uns Museumspädagogin Mareike Schürmann alles zeigte und erklärte. Auf dem weitläufigen Gelände der ehemaligen Ziegelei Beermann kann man handfest und sehr anschaulich erfahren, wie man diesen lange Zeit wichtigsten Grundstoff für den Hausbau herstellte – zunächst in Handarbeit und später industriell. Vom Lehmabbau bis zum Brand lässt sich der Weg zum Ziegel verfolgen.

Dort, wo heute die Besucher ihre Autos parken, wurde im Tagebau das Material abgebaut und mit Pferden und später mit Loren zur Weiterverarbeitung gebracht. Die Feldbahn ist noch betriebsbereit und wird von den Feldbahnfreunden Lippe unterhalten, die regelmäßig Fahrten anbieten. Ein Pferdegöpel, in der mit Pferdekraft die rechte Mischung hergestellt wurde, ein Arbeitstisch, die große Trockenwiese und ein Feldbrandofen erzählen von der beschwerlichen Handarbeit in den Anfängen der Ziegelei. In einer kleinen Grube können Kinder von April bis Oktober (also in der auch früher geltenden Arbeitssaison) selbst einen Ziegel herstellen und personalisieren. Hier nutzen auch Gummistiefel wenig, denn der Lehm zieht einem die Stiefel aus. Unter Einsatz der Sauberkeit muss man also schon rein in den Matsch. Im Zentrum des Museums steht ein großer Ringofen, in dem man mehrere Tausend Ziegel in einem Durchgang brennen konnte und kann. Die Kammern dürfen die Besucher heute begehen und auf der Ofendecke finden Veranstaltungen statt. Einmal im Jahr wird der Ofen auch noch in Betrieb genommen. Dazu finden vorher auch Produktionstage statt, an denen man die Maschinenziegelei mit Dieselmotor, schweren Zahnrädern, dicken Walzen und der Strangpresse in Aktion bestaunen kann. Das Arbeiterhaus und der Kotten geben als Ausstellungsräume Einblick in das Leben der Ziegler, wie sie als Wanderarbeiter auf Kampagne (so nennt man die Arbeitssaison) in einer Männerwelt lebten, auf der einen und dem ihrer daheim gebliebenen Frauen und Kinder auf der anderen Seite. Ganz anders als in der Villa des Besitzers, die heute Raum für Wechselausstellungen bietet, bekommt man hier einen Eindruck vom beschwerlichen Leben mit reichlich Gesellschaft von sechsbeinigen Plagegeistern auf den Strohmatratzen.

Kinder und Familien sind in diesem Museum besonders willkommen. Das museumspädagogische Team ist ganz offensichtlich sehr engagiert und für Ideen und Vorschläge offen. Der Veranstaltungskalender ist beeindruckend und so vielfältig, dass er für alle Altersgruppen etwas bietet. Ins Auge fällt dabei, dass schon für die ganz Kleinenrein Matschangebot gemacht wird. Lehm und Ton sind als Material eben besonders reizvoll und laden zu habtischen Erfahrungen ein. Leider waren wir – dem Redaktionsschluss geschuldet – etwas zu früh dran, um selbst zum Ziegeln in die Matsche zu steigen, aber die Kinder durften dann in der Museumswerkstatt kleine Fingertierchen aus Ton herstellen und gleich mit nach Hause nehmen. Zum Angebot gehören auch Filzen, Körbe flechten, (Groß-)Eltern-Kind-Aktionen, Lesungen, Kabarett, Vorträge, Ferienspiele, Nachtaktionen und vieles mehr. Das Museum ist rund ums Jahr geöffnet, bietet in den Wintermonaten Innen-Programm und veranstaltet viele Aktionen und Feste. Zu Ostern beispielsweise einen Brunch mit Eiersuche auf dem Gelände. Gerne gesehen sind auch Kindergeburtstagsgruppen, die aus zahlreichen Mitmachprogrammen auswählen können. Einen Eindruck von diesem ebenso attraktiven wie engagierten Angebot bekommt man auf der Homepage: www.lwl-industriemusem.de.

ELTERNMEINUNG:
Hier waren wir fast alle zum ersten Mal, hatten auch noch gar nicht von diesem Museum gehört, kommen selten in diese Gegend und sind uns ganz sicher, dass sich das alles nun ändern wird. Es war ein rundum gelungener Vormittag. Frau Schürmann und das Museum weckten bei uns sofort großes Interesse für dieses alte Handwerk. Das weitläufige Gelände gibt den Kindern die Möglichkeit zu rennen und zu erforschen. Natürlich war es prima, alles so gut erklärt zu bekommen und unsere Fragen und Beobachtungen gleich anbringen zu können, aber in diesem Museum kamen wir mal zu dem Schluss, dass man es sich auch anhand der Erklärungstafeln erwandern könnte. Wir werden bestimmt den Bitten unserer Kinder nachgeben, noch einmal hierher zu fahren, wenn die Matschgrube eröffnet ist, einen Produktionstag einzuplanen und den Ofen in Aktion zu sehen. Wir sollten über eine Jahreskarte nachdenken, denn dieses Museum hat man vielleicht mit einem Besuch gesehen, aber zu erleben gibt es immer wieder etwas Neues. Und den perfekten Ausklang findet der Ausflug mit dem Spielplatz und der angrenzenden Bistro-Terrasse…

KINDERMEINUNG
Diesmal waren Christopher (5), Merit und Julius (beide 6), Charlotte und Leonard (7), Vivien (8), Amrei und Hannah (beide 9) dabei. Alle bekundeten einhellig, dass es ein toller Ausflug war. Den beiden großen Mädchen gefielen vor allem die Comic-Tafeln, auf denen der Ziegel Toni alles erklärt. Die waren richtig witzig! Die Jungs waren ganz fasziniert von der Ziegelmaschine und versuchten mit ganz süßem Dackelblick Frau Schürmann zu überzeugen, diese wenigstens ganz kurz anzustellen. Aber die musste natürlich unerbittlich bleiben – viel zu gefährlich ganz ohne Sicherheitsvorkehrungen. Die Feldbahnfreunde ermöglichten dann aber noch das Abenteuer der Feldbahnfahrt rund ums Gelände, bei der die Weichen per Hand gestellt wurden. Mit viel Unglauben schauten die Kinder das Arbeiterhaus an – auf den Matratzen kann man doch gar nicht schlafen, und wie soll man sich denn in so einer Sitzwanne waschen können? Versteckspielen im großen Ringofen gefiel allen ganz, ganz besonders gut. Und zu Hause werden jetzt die ganz individuellen Tonfingerpüppchen (vom niedlichen Esel bis zum einäugigen Schleimmonster) als Schätze gehortet. Ein neuer Lieblingsort!

www.lwl-industriemuseum.de

Nachbemerkung 2018: Inzwischen waren wir noch ganz oft in der Ziegelei, haben die Maschine in Betrieb gesehen und eigene Ziegel zusammen gematscht. Jedes Mal hat es uns sehr gut gefallen!

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