Der Aufstieg von der Stadtbibliothek am Rothoborn zu Dom und Kaiserpfalz ist sicherlich einer der schönsten Stellen Paderborns, denn hier kann man sich, umgeben von geschichtsträchtigen Bauten, ein bisschen wie im Mittelalter fühlen. Unser erster Ausflugstipp des neuen Jahres führte uns in eines dieser ältesten Gemäuer der Stadt. In der Kaiserpfalz erwartete uns Museumspädagoge Jens Oliver Mühlenbein zu einer ebenso lehrreichen wie interessanten Schatzsuche, die zu den zahlreichen Programmen gehört, die das Museum in der Kaiserpfalz für Gruppen, zum Beispiel für Kindergeburtstage, anbietet. Die „Schatzsuche“ richtet sich an eine Gruppe von bis zu 12 Kindern im Alter von 8 bis 10 Jahren.

Zunächst verschafften wir uns anhand einer auf Leinwand gemalten Karte einen Überblick über das Westfalen zu Zeiten von Kaiser Karl dem Großen, denn in diese Epoche führte unsere Zeitreise. Und über ihn und sein Reisekönigtum erfuhren wir gleich noch mehr und damit auch viel über Sinn und Zweck der Pfalzbauten in Paderborn. Nach dieser Einführung wurden Karte und Schatzkiste in die Ausstellung getragen und dort voller Ehrfurcht geöffnet. Darin fanden sich einige Gewänder, die sogleich ausprobiert wurden (und übrigens beim Treppengehen schon einige Umstellung erfordern, besonders für Herren). Vor allem aber barg die Kiste einige alte, in kunstvoller Handschrift verfasste Briefe, denn für unserer Zeitreise war die Kiste der Nachlass eines Schmiedes wie er zu Karls Gefolge gehört haben könnte (das sich übrigens in etwa auf beachtliche 1000 Menschen belief, die es bei den Besuchen in Paderborn aufzunehmen und zu versorgen galt). Dieser Schmied war zuständig für die Schmuckstücke der feinen Herrschaften und daher auf der Reise besonders darauf bedacht, sich Inspirationen zu holen, um ständig neue Kostbarkeiten herstellen zu können. Aus diesem Grund zeichnete er auf Schrifttüchern seine Beobachtungen auf, wenn er ein besonderes Schmuckstück an jemandem erblickt hatte. Offenbar reiste er im Gefolge des Königs auf dem Hellweg von Paderborn aus, wie wir seiner Beschreibung entnehmen und auf der Karte nachverfolgen konnten. Die von ihm beschriebenen Schmuckstücke wurden dann in den Ausstellungsvitrinen gesucht und von Herrn Mühlenbein erläutert. Schon bald hatten wir erfahren, dass eine Fibel eben nicht nur ein Lesebuch ist, sondern in bester „Teekesselchen“-Manier auch eine Art mittelalterlicher Brosche bezeichnet, die den Umhang schmückend zusammenhält.

Im Anschluss an die Entdeckungstour blieb ausreichend Zeit, um auch den Rest der Ausstellung noch anzuschauen, wobei Herr Mühlenbein zielsicher auf die besonders für Kinder interessanten Exponate aufmerksam machte und anhand ihrer erläuterte, wie so eine Pfalz aussah und wie darin gelebt wurde. Und auch, wie oft man sie neu aufbauen musste, wenn die wilden Sachsen sie während der Abwesenheit des Königs wieder einmal dem Erdboden gleich gemacht hatten. Unser Streifzug durch die Pfalz führte natürlich und unbedingt auch in den Quellkeller, aus dem uns ein eisiger Wind entgegen schlug. Hier hatte man nämlich mit voller Absicht Wasser im Keller, ließ seine Pfalz aus praktischen Erwägungen über einer der zahlreichen Paderquellen errichten.
Zum praktischen Teil trafen wir uns wieder im Raum der Museumspädagogik, wo wir selbst Fibeln herstellen durften, und zwar die, mit denen man sich schmückt, nicht die, aus denen man liest. Mit Goldfolie und Karfunkelsteinen stellten die Kinder kunstvolle Schmuckstücke her, die sie obendrein als Erinnerung mitnehmen durften. Schiefersteine und Blattgold für einen anderen Workshop lockten in einer anderen Kiste schon zum nächsten Besuch.

ELTERNMEINUNG
Dieses Schmuckstück der Paderborner Museumslandschaft lohnt unbedingt auch einen Familienbesuch. Schließlich geht man mit den Kindern immer wieder daran vorbei, und irgendwann müssen sie doch auch mal erfahren, wie es drinnen aussieht. Ehrlich gesagt, waren unsere Kinder zuvor aber entweder noch gar nicht dort gewesen oder nur auf Stippvisite im Quellkeller. Den Rest der Ausstellung beim Einzelbesuch ohne Anleitung spannend zu finden, ist für Kinder auch ein bisschen schwer, je nach Alter und Interessenlage natürlich. Aber dafür sind die angebotenen Führungen und Aktionen eben umso spannender. Und die Sammlung aus wertvollem Schmuck, mittelalterlichen Waffen und anderen archäologischen Funden hält schon vieles bereit, was auch für Kinder hoch interessant ist. Königinnen, Kaiser und Krieger eben. Durch die museumspädagogische Begleitung werden Zusammenhänge klar, und die Exponate zeichnen ein lebendiges Bild der Vergangenheit, das fasziniert und begreifbar ist. Und plötzlich trifft einen die Erkenntnis, an welch historisch wichtigem Ort man sich befindet und schon so oft vorbeigegangen ist. Herr Mühlenbein war ein ausgesprochen kompetenter Begleiter, der ein gutes Gespür dafür hatte, was die Kinder interessiert und wie lange sie was spannend betrachten. Sofort trauten sich alle, ihre Fragen loszuwerden und bekamen ebenso fach- wie kindgerechte Antworten. Wir Großen übrigens auch. So haben wir jetzt gelernt, womit man die Fenster verschloss, wenn man sich Glas nicht leisten konnte oder wie viele Rinder eine durchschnittliche Kampfausrüstung kostete. Sogar die Hiebkraft eines Schwertes steht uns nun bildlich vor Augen, weil neben den Schwertern ein gespaltener Totenschädel zu sehen ist. Insgesamt also ein lohnender Ausflug in die (Paderborner) Geschichte. Wer sich aber nicht selbst berufen genug fühlt, alles erklären zu können, dem seien die Aktionen oder auch regelmäßig angebotenen Familienführungen wärmstens angeraten und empfohlen.
KINDERMEINUNG
Die Kinder bei diesem Ausflug sind alle 9 oder 10 Jahre alt und schon alte Ausflugstipp-Hasen. Daher waren die gestellten Aufgaben für sie nicht allzu schwer und schnell erledigt. Das tat ihrem Spaß daran aber keinen Abbruch. Beim Vorlesen der Schrifttücher stockten sie zuweilen an dem ein oder anderen unbekannten Wort, was dann aber gleich zum Anlass für kurze Erklärungen genommen wurde, bei denen selbst die Erwachsenen noch dazu lernten. Außerdem war die Handschrift an manchen Stellen für sie schwer lesbar, aber dabei konnte dann rasch auf eine weniger schöne, aber dafür klarere Version ausgewichen werden. Den meisten Jungs gefielen ganz klar die Schwerter am besten, und sie nutzen ausgiebig die Möglichkeit, einen Experten zu interviewen. Alle waren vom Quellenkeller ganz fasziniert, der aber einfach auch ein Erlebnis für alle Sinne ist. Viele nannte gleich das Basteln als Tollstes, und legte auch einiges Kunsthandwerk in ihre Fibel. Und einige schließlich fanden die Führung am besten, weil man sich dabei so besonders gut vorstellen konnte, was früher zwischen diesen Mauern so los war. Fairerweise muss man sagen, dass nicht alle gleich begeistert waren, die meisten Kinder aber schon sehr.
Die festen Termine der Museumspädagogik in der Kaiserpfalz stehen auch in unserem Veranstaltungskalender. Weitere Informationen findet man aber auch natürlich im Internet unter www.kaiserpfalz-paderborn.de