Kultur für Kinder gibt es viel in Paderborn. Wer mag, kann für jede Altersgruppe das Richtige finden. Das Kulturamt der Stadt Paderborn hat großen Anteil an dieser Auswahl und nimmt den Auftrag sehr ernst, Kindern den Kontakt zu viel und vielfältigen Kulturprogramm zu ermöglich. So trocken, intellektuell und pädagogisch wertvoll, wie das nun klingt, ist es nicht, denn die Veranstaltungen machen jede Menge Spaß. Wir haben uns mit Diana Siekaup getroffen, um uns über ihre Arbeit im Kulturamt zu unterhalten und zu erfahren, was an und wie sie Kultur für Kinder in Paderborn erfahrbar macht.
Ihre Arbeit klingt für mich nach Traumberuf, aber gleichzeitig hört sich die Berufsbezeichnung nicht so an, als wären Sie direkt hier im Kulturamt gelandet. Wie sind Sie dorthin gekommen, wo Sie jetzt arbeiten?
Ich habe nach dem Abitur eine Ausbildung bei der Stadt gemacht. Danach war ich zunächst im Sozialamt und später in der Erstattungsstelle der Arge tätig. Als ich nach meiner ersten Elternzeit wieder zurück in den Beruf wollte, sah ich am Heiligabend die interne Stellenausschreibung für das Kulturamt. Da habe ich mich beworben, und so bin ich hier gelandet und bin sehr froh darüber.
Das sind aber schon sehr verschiedene Aufgaben. Was lernt man denn in so einer Ausbildung, damit man an solch unterschiedlichen Stellen eingesetzt werden kann?
Viele Grundlagen für die Verwaltungsarbeit. Buchführung, Sozial-, Staats-, Ordnungs-, Verwaltungsrecht (Bescheide verfassen) …
Man lernt bestimmt Dienstwege kennen?
Genau. Aber tatsächlich ist meine Arbeit jetzt anders als das, was ich vorher gemacht habe.
Wofür sind Sie hier zuständig?
Ich kümmere mich vor allem um das Musiktheater, um die Kammerkonzerte, um die Sparte Tanz und auch um das Junge Ensemble, die Jugend-Theatergruppe des Kulturamts.
Wir wollen uns ja vor allem über die Schülertribüne und die Puppenspielwochen unterhalten. Aber vielleicht erklären Sie kurz in einem Satz, was das Junge Ensemble ist?
Unter der Leitung von Ann-Britta Dohle erarbeiten Jugendliche eigene Stücke und Inszenierungen. Zur Ausstellung „Tatort Paderborn 2014“ haben Sie sich beispielsweise zu dem Stück „Draußen“ inspirieren lassen. Das ist auch noch zu sehen!
Das müssen wir dann irgendwann auch nochmal in Ruhe vorstellen, finde ich. Aber jetzt zu den Veranstaltungsangeboten. Wie läuft das konkret ab? Wie kommt es zur Auswahl?
Die Planung beginnt schon etwa ein Jahr vor dem Startschuss der Saison. Die meisten Programmpunkte sucht der Leiter des Kulturamts, Christoph Gockel-Böhner, aus. Von Jahr zu Jahr bringe ich mit immer mehr Erfahrung auch mehr eigene Ideen ein, insbesondere bei den Puppenspielwochen.
Und wo findet man solche Sachen?
Wir bekommen sehr viele Bewerbungen und Angebote, die wir sichten und uns anschauen. Manchmal hat man mit jemandem auch schon mal zusammen gearbeitet oder etwas selbst entdeckt. Wir arbeiten mit verschiedenen Institutionen zusammen, dem Landestheater Detmold beispielsweise. Außerdem ist Paderborn Mitglied im Kultursekretariat NRW. Das hat seinen Sitz in Gütersloh und stellt in jedem Jahr einen Katalog zusammen mit einer Auswahl aus verschiedenen Sparten. Die Veranstaltungen dieser Auswahl werden dann in den Mitgliedsstädten finanziell unterstützt.
Gibt es eine Veranstaltung, die Ihnen in Ihrer Tätigkeit besonders in Erinnerung geblieben ist? Etwas, was Sie selbst besonders beeindruckt hat?
Für mich sind jedes Jahr die Puppenspielwochen ein besonderes Highlight. Darauf freue ich mich immer sehr. Wenn irgend möglich, bin ich dann bei allen Aufführungen selbst dabei. Netterweise weiß das meine ganze Familie inzwischen auch und unterstützt mich dabei sehr. Da fährt dann niemand in die Ferien, damit meine Kinder auch gut betreut sind, wenn ich in den Wochen mehr arbeiten gehe. Das weiß ich sehr zu schätzen! Im letzten Jahr hat mir dabei die Umsetzung von „Der kleine Hobbit“ als Figurentheater total gut gefallen.
Das war mir im Programmheft auch aufgefallen, und dann habe ich mich über die empfohlene Altersangabe gewundert. Ich weiß nicht mehr, wie sie genau war, aber es kam mir vor, als wäre sie recht tief gegriffen. Wie kommen die Altersempfehlungen zustande?
Meistens machen die Künstler selbst einen Vorschlag dazu. Wir übernehmen den oder setzen das Alter oft auch noch ein bisschen rauf. Manchmal wird sogar vertraglich festgesetzt, dass keine jüngeren Kinder in die Aufführung eingelassen werden dürfen.
Das hat aber weniger mit Jugendgefährdung oder Beschränkung im Sinne einer Freiwilligen Selbstkontrolle zu tun, oder?
Nein, darum geht es nicht. Aber wenn Kinder sich langweilen oder fürchten oder unruhig werden, weil sie sich einfach noch nicht so lange konzentrieren können, hat niemand was davon. Die Kinder, die eigentlich noch zu klein sind, um der Aufführung zu folgen, quengeln, die anderen leiden ebenfalls darunter, die Künstler werden gestört, und die Eltern versuchen, ihre Kleinen zu beruhigen. Das macht keinem Spaß.
Haben Sie da schon schlechte Erfahrungen gemacht?
Leider ja. Wir haben schon erlebt, dass Mütter Babys und Kleinkinder dabei hatten, die dann durch den Saal krabbelten und zwischendurch an der Seite gefüttert wurden. Das bringt einfach zu viel Unruhe und Ablenkung und ist so schade um das Theatererlebnis. Wir weisen auch immer wieder darauf hin, dass man seine Handys ausstellen soll und Essen und Trinken während der Vorstellung mal Pause machen muss. Schließlich soll die Möglichkeit bleiben, sich ganz in die Aufführung versenken zu können. Das können Kinder so gut, und es ist so eine tolle Erfahrung, wenn es gelingt.
Meiner Erfahrung nach finden Kinder es einfach großartig, ins Theater zu gehen. Dabei ist es fast egal, was läuft. Ist ein Programmpunkt auch schon mal so richtig durchgefallen?
Ich sag mal so: Irgendwer findet’s immer gut. Natürlich kommen manche Vorstellungen besser an als andere. Aber das etwas gar nicht gefallen hat, ist uns noch nie passiert. Ich kann aber auch nicht bestätigen, dass Kinder leichter zufrieden zu stellen sind. Kinder sind herrlich ehrlich. Wenn die etwas nicht mögen, tun sie das auch kund. Und wenn es ihnen gefällt, merkt man das ebenso.
Aber Eltern- und Kindermeinungen gehen doch oft auseinander, oder? In der letzten Saison haben wir bei der Schülertribüne ein Stück gesehen, bei dem wir Großen uns total gelangweilt haben, die Kleinen aber waren hingerissen. Insofern bin ich ganz froh über das Schülertribünen-Abos, denn manche Veranstaltungen hätte ich selbst wahrscheinlich gar nicht ausgesucht. So schauen wir einfach alles an.
Das höre ich natürlich gerne.
Jetzt haben wir dafür schon die Werbetrommel gerührt. Nun lassen Sie uns erzählen, was es damit auf sich hat! Was ist die Schülertribüne?
Pro Saison veranstaltet das Kulturamt sechs Programmpunkte für Familien mit Kindern etwa im Grundschulalter. Dabei decken wir verschiedene Sparten von Theater und Konzert ab. In der Regel finden diese Veranstaltungen am Freitagnachmittag um 16 Uhr statt. Manchmal geht das allerdings nicht, weil ja die Halle frei sein muss, die Künstler müssen Zeit haben usw.
Warum dieser Zeitpunkt?
Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Kinder da am besten kommen können. Viele gehen ja in die OGS, haben weitere Freizeitaktivitäten oder müssen einfach erst noch Hausaufgaben erledigen.
Wie ist der Zuspruch?
Super! Auch in diesem Jahr haben wir schon eine ganze Reihe Abos verlängert und viele auch neu verkauft.
Ist die Anzahl der Abos begrenzt?
Ja, auf die Zahl der Plätze, die wir auf der Hinterbühne der PaderHalle haben. Dort finden die meisten Stücke statt. In der nächsten Saison sind wir auch mal in der Kulturwerkstatt, weil die PaderHalle wegen Umbauten länger geschlossen sein wird und wir nicht so spät die erste Vorstellung legen wollten. Einige Male sind wir aber auch im großen Saal der Halle.
Gibt es Leute, die richtig lange Abonnenten sind, also über Jahrzehnte?
Meistens lässt man das Abo natürlich auslaufen, wenn das Kind oder die Kinder aus dem Grundschulalter raus sind. Manche bleiben aber auch dabei oder schauen noch einzelne Veranstaltungen an.
Gibt es ein Folgeangebot für Jugendliche?
Es gab mal Probeläufe in die Richtung, aber das wurde zu wenig angenommen. Leider.
Wer ist Ihre Zielgruppe? Wer kommt? Ist das gemischt?
Natürlich sind das eher theaterinteressierte Eltern mit ihren Kindern, aber dadurch dass die Abo-Karten übertragbar sind, kommen mal Väter mit, mal Mütter, mal Großeltern, und manchmal geht die Karte auch an Leute, die sonst vielleicht eher nicht kommen würden, zum Beispiel wenn man einen Termin mal nicht wahrnehmen kann.
Was kostet der Spaß?
Der Einzeleintritt kostet 5 Euro, und zwar für Erwachsene und Kinder gleichermaßen. Im Abo kosten dann alle sechs Aufführungen zusammen 22,50 Euro. Der Preis ist seit Jahren stabil und hat sich bewährt. [Anmerkung 2018: Inzwischen sind die Preise ganz leicht angehoben worden.]
Wo bekommt man die Karten?
Das Abo gibt es nur im Paderborner Ticket Center am Marienplatz (Tel. 05251-299750) und zwar bis zum Beginn der Abo-Reihe. Die Einzelkarten dann an allen Vorverkaufsstellen der PaderHalle und ggf. auch an der Tageskasse. Dabei würde ich aber dringend empfehlen, sich Karten vorab zu sichern. Die Kinder sind immer so traurig, wenn man sie wegschicken muss, weil die Vorstellung bereits ausverkauft ist, und wir verkaufen ja vor Ort nur noch die Karten, die übrig sind. Wenn bei ausverkauften Veranstaltungen doch noch Plätze frei bleiben, sind das Abonnenten, die nicht gekommen sind. Darauf werde ich ganz oft angesprochen. Auch insofern ist es immer schöner, seine Abo-Karte weiterzugeben, wenn man selbst nicht kann.
Sie hatten eben erklärt, dass Sie mit der Programmauswahl verschiedene Sparten abdecken wollen. Welche sind das?
Dabei sind immer Tanztheater, Figurentheater (eingebettet in die Puppenspielwochen), Konzerte, Kinderoper oder Musical und ein großes Weihnachtsstück.
Haben wir eigentlich nicht auch ohne das Kulturamt genug Theater für Kinder in Paderborn?
Da frage ich doch umgekehrt: Kann man davon genug haben?
Natürlich nicht, aber es gibt auch das Theater Paderborn, und man kann auch ins Kino gehen, sage ich mal ganz provokant.
Das Theater macht auch tolle Sachen, ganz ohne Frage, deshalb gibt es in der Schülertribüne auch weniger Schauspiel. Dabei zeigen wir dann eben andere Facetten. Figurentheater, Tanz oder Konzerte. Wenn die Nordwestdeutsche Philharmonie ihr Kinderkonzert spielt, ist das immer ein großes Erlebnis.
Es gibt viele kommerzielle Angebote, die sich eine Film- oder Fernsehfigur nehmen und darum ein Theaterstück stricken. Das ist immer sehr gut besucht. Was halten Sie persönlich davon?
Mir ist das meistens schlicht zu teuer, und es spricht mich nicht an. Manche gucken sich lieber Sachen an, die sie ansatzweise schon kennen als sich auf Neues einzulassen. Das ist ja dann auch okay, aber vielleicht ein bisschen schade.
Was ist denn im Theater anders als im Kino?
Alles. Naja, beide Male wird vermutlich eine Geschichte erzählt, aber Theater ist interaktiv und LIVE. Das erfahren Kinder sonst heutzutage selten. Kino ist auch unterhaltsam und ein schöner Ausflug, aber vergleichen kann man das nicht.
Ich selbst finde ja auch, dass man im Theater Wertschätzung für die Kunst lernt. Immer wieder bejammere ich, dass die Leute sich im Theater nicht mehr benehmen im Sinne von Aufmerksamkeit und Respekt. Ich bekomme die Krise, wenn da regelmäßig Handys gezückt, Tüten geraschelt und lautstarke Unterhaltungen geführt werden. Außerdem macht sich keiner mehr schick dafür. Menno!
Das ist seltener geworden, aber manchmal kommen Jungs noch mit Hemd und Krawatte und Mädchen in hübschen Kleidern. Das finde ich auch immer schön!
Aber sie sollen vor allem gerne gehen. Ich befürchte ja, dass meine Kinder vielleicht irgendwann vollkommen die Nase voll davon haben, weil sie mit mir immer ins Theater müssen… Geht es eigentlich mehr um einen Bildungsauftrag oder um Unterhaltung?
Bestenfalls natürlich um beides. Die Kinder haben sichtlich Spaß an den Vorstellungen, und sie lernen auch oft etwas dabei. Bei den Konzerten wird oft erläutert oder Instrumente werden vorgestellt, zum Beispiel.
Sind Sie als Kind viel ins Theater gegangen? Ich kann mich vor allem an „Die kleine Hexe“ in den Kammerspielen und Weihnachtsmärchen erinnern, aber sonst nicht.
Ich auch nicht. In Kindergarten und Schule gehörte das dazu, aber sonst habe ich da keine nennenswerten Erinnerungen.
Finden Sie das schade?
Ich habe nicht das Gefühl, dass in meiner Kindheit was gefehlt hat. Es gab ja auch so viel anderes. Aber sicherlich hätte ich noch einige schöne Erfahrungen mehr machen können. Und mir fällt schon auf, dass man manche Dinge in den Kindervorstellungen mitbekommt, die ich erst viel später im Leben gelernt habe. Über klassische Musik beispielsweise…
Das geht mir ähnlich. Ich finde es herrlich zu sehen, wie unbedarft und emotional Kinder im Theater sind. Das kann man als Erwachsener nicht mehr. Frau Siekaup, mich hatten Sie ja schon vor unserem Gespräch überzeugt, aber ich hoffe, dass wir das nun gemeinsam noch für viele andere machen konnten! Herzlichen Dank für das Gespräch!
Mehr zur Schülertribüne erfährt man hier