Ausflug an die Weser
Es gibt mehrere gute Gründe, nach Fürstenberg an der Weser zu fahren. Viele davon haben mit Porzellan zu tun. Hier findet man nämlich die einzige Porzellanmanufaktur Deutschlands, die noch immer am Ort ihrer Gründung steht und arbeitet. Der Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel wünschte sich im 18. Jahrhundert eine Porzellanmanufaktur, und hier, direkt an der Weser, nahm sie 1747 dann diesem Wunsch entsprechend den Betrieb auf. Seitdem steht der Name für hochwertiges Porzellan aus Handarbeit. Eine Manufaktur ist nämlich eine solche, wenn die Produkte zwar in serieller Fertigung, aber überwiegend in Handarbeit entstehen, wie wir bei unserem Ausflug ins Museum Schloss Fürstenberg erfahren haben, und das ist erst die Spitze des Eisbergs an neuem Wissen, das wir von dort mitbringen konnten.
Auch bei so miesem Wetter, wie wir es für unseren Ausflug hatten, muss man nicht nur erahnen, wie beeindruckend schön die Schlossanlage ist. Sie empfängt einen mit schmiedeeisernem Tor, ordentlichem Schlosshof und einem nicht allzu großen, aber dafür sehr malerischem Schloss. Innen wird man zudem mit einem spektakulären Treppenaufgang und tollen Ausblicken auf den Fluss verwöhnt. Das Museum widmet sich der Geschichte des Standortes als Porzellanmanufaktur. Man erfährt, woraus und wie Porzellan hergestellt wird und welche Kunstwerke in Fürstenberg wiederum daraus entstanden sind und eben auch noch immer entstehen. Eine Schaumanufaktur zeigt an mehreren Stationen die verschiedenen Handwerker und Künstler bei der Arbeit. Auch die Möglichkeit zum Selbstgestalten gibt es.
Museumsrallye mit Mops
Das museumspädagogische Programm bietet verschiedene Workshops und Führungen, die man buchen kann oder die regelmäßig auf dem Plan stehen. Dazu lohnt sich ein Blick in den Veranstaltungskalender, denn der ist auch mit Sonderterminen gut gefüllt. Wer spontan nach Fürstenberg kommt, kann sich einen Audioguide leihen oder wie wir die Museumsrallye auf eigene Faust machen: „Auf Mopspfoten Fürstenberg entdecken“. Dabei können Kinder ab etwa 8 Jahren verschiedene Stationen im Museum anhand eines ebenso witzigen wie schön gestalteten Aufgabenblocks erkunden. Dazu halten sie in der Ausstellung nach dem kleinen Porzellanmops Anna Ausschau, der immer dort steht, wo es etwas für sie zu lösen oder zu tun gibt. Diese Aufgaben sind zwar auch lehrreich, machen aber vor allem Spaß. Wir durften zum Abschluss unseres Rundganges noch Porzellanteller selbst bemalen (es gäbe auch noch andere Porzellanteile zur Auswahl!), die uns dann im Nachgang zugeschickt werden, denn natürlich wandern sie zunächst noch in den Ofen. Direkt nebenan befindet sich übrigens ein Werksverkauf, der viele, viele Wünsche weckt und gerne auch erfüllt.
ELTERNMEINUNG
Porzellan, kennste? Denkste, können wir da nur sagen. Das Thema ist vielfältiger als man meint und es hielt an diesem Sonntag einige Überraschungen für uns bereit. Zunächst einmal war uns gar nicht recht klar, dass hier noch so viel (Kunst-)Handwerk passiert, was die Ehrfurcht vor den edlen Geschirrteilen und Dekorationsgegenständen deutlich steigerte. Im Halbminutentakt spulten wir dann beim Abschlussrundgang durch den angrenzenden Shop auch den wohlbekannten Elternsatz „Nichts anfassen!“ ab … aus Gründen. Aber jetzt wissen wir auch, aus welchen drei Komponenten Porzellan besteht, bei wie viel Grad man es brennt oder mit welch genialer Technik man den Hohlraum in Gefäßen zustande bringt. Wie nennt man denn eigentlich den angesetzten Ausguss an einer Kanne? Tja, wir wissen es jetzt und sind auch total vorbereitet, wenn uns mal wer fragt, was der Unterschied zwischen einer Tafel „à la russe“ und „à la francais“ sein könnte.
Tassenpuzzle und Schaumanufaktur
Es war richtig spannend, mit Guide Eva Leach durchs Museum zu gehen und ihr alle Fragen stellen zu dürfen. Jede und jeder konnte sich plötzlich für die edlen Stücke begeistern und auch die Kinder diskutierten gleich über Lieblingsstücke und Vorlieben. Großartig ist natürlich, dass man so viel anfassen darf und kann. So konnten wir zum Beispiel Tassen und Untertassen zusammen puzzeln und begriffen auf diese Weise, wie wichtig es ist, dass beides gut zusammenpasst. Die Tasse darf nicht mehr wackeln und rutschen. Zugleich mussten wir eben nicht befürchten, dass der Besuch im Porzellanmuseum ein Härtefall für die familieneigene Haftpflichtversicherung werden würde.
Spannend war es auch in der Schauwerkstatt erklärt und vorgeführt zu bekommen, wie ein Porzellanteil gebrannt wird. Das braucht Zeit und Geduld und Geschick und viel Hingabe und ist nicht umsonst ein Ausbildungsberuf. Macht man einen Fehler, kann man von vorne anfangen, denn Pfuschen ist nicht: Porzellan hat ein Gedächtnis und spätestens beim Brennen rächt sich auch jedes kleine Nachkorrigieren.
KINDERMEINUNG
Die Kinder bewegten sich zwar mit Respekt, aber ohne falsche Ehrfurcht im Haus und hatten sichtlich Spaß an der Museumsralley, die eben eine gute Mischung aus Rätseln, Kreativem und Tüfteln bietet. Sie waren gleich verliebt in den kleinen Mops und freuten sich jedes Mal, wenn sie ihn erspähten. Die Rallye würden wir für Kinder ab Grundschulalter vorschlagen, wobei die Jüngeren sicherlich noch Unterstützung brauchen. Mit dabei waren dieses Mal Noah, Julius und Anna (alle 11 Jahre), Liliane (10 Jahre) und Paula (7 Jahre). Und natürlich haben wir uns wieder erkundigt, was ihnen am besten gefiel. Wenig überrachend gefiel ihnen einmal mehr das aktive Machen: Beim Porzellanmalen legten sich alle mächtig ins Zeug und arbeiteten ruhig, kreativ, konzentriert und ausdauernd. Tatsächlich waren es diesmal die Erwachsenen, die dann jetzt mal Hunger hatten und aufbrechen wollten.
Porzellankino und Tisch decken
Als besonderes beeindruckend nannten die Kinder auch das „Porzellankino“, bei dem auf weiße Stücke verschiedene Dekore projiziert werden. Dabei flattern Vögel über die Vasen und Kannen und abstrakte Dekore ziehen darüber. Das Zusammenspiel von Bildern und passender Musik war sehr spannend und zeigte, wie die Teile mit der Bemalung immer wieder auch den Charakter wechseln.
Mit besonders viel Freude erfüllten alle die Station, an der man mit aktuellen Services aus der Manufaktur einen Tisch nach individuellem Geschmack eindecken soll. In jedem Fall nahmen die Kinder ein gutes Stück Ehrfurcht vor hochwertigem Porzellan mit und lernten Ästhetik, Eleganz und Funktionalität schätzen.
Ab Sommer wieder mit Café
Ein schöner Ausflug, den man unbedingt im Sommer wiederholen sollte, wenn das Café im Schloss nach dem Umbau wiedereröffnet hat und man sein Programm vielleicht noch auf die Weserdampfschiffahrtsgesellschaft (viiiiiele Scrabble-Punkte und ein Galgenmännchen-Evergreen) ausdehnen möchte.
Zum Museum Schloss Fürstenberg
Wer dann Lust bekommt, noch mehr Porzellan zu bemalen, dem empfehlen wir das Keramikstudio BeMal in Paderborn.
Und wer sich gerne mit Tischkultur befassen und dabei Spaß haben möchte, der sollte dringend mal unser Interview mit Knigge-Trainerin Jennifer Peters lesen.