Schwimmen

Die Badesaison ist eröffnet und wenig macht Kindern so viel Spaß wie Wasser. Planschen, Matschen, Schwimmen, Tauchen, Spritzen – alles super. Was aber sollte man wissen, tun,  beachten, damit Kinder wirklich dabei ganz „in ihrem Element“ sein können?

Inga Scheike, Sportliche Leiterin beim SV Poseidon Schloß Neuhaus e.V., ist hierzu unsere Expertin.

  1. Wie macht man Kindern Wasser „schmackhaft“? Wie nimmt man ihnen die Angst vorm Wasser?

Von Natur aus begegnen Kinder dem Wasser völlig unvoreingenommen. Alle Ängste, welche sich später mal zeigen, sind – oftmals unbewusst – hausgemacht. Der wichtigste Punkt ist, dafür zu sorgen, dass die Kinder bis zum Schwimmkursalter möglichst viele positive Erfahrungen mit Wasser sammeln konnten. Wir empfehlen daher allen Eltern, frühzeitig mit den Kindern zusammen in die Badewanne zu gehen, öfter ein Kleinkinderschwimmbecken zu besuchen und die Angelegenheit mit viel Spaß und sehr spielerisch anzugehen.

Sollte ein Kind durch eine negative Erfahrung wirklich mit Ängsten zu kämpfen haben, ist es ganz wichtig, das Geäußerte ernst zu nehmen. Die Probleme sind ganz unterschiedlicher Natur und müssen dadurch bedingt sehr individuell angegangen werden. Kern der Angst ist aber oftmals, dass die Kinder das Wasser als Bedrohung ansehen und nicht als „freundliches“ Element.

  1. Welches sind die richtigen Schwimmhilfen? Was ist die richtige Badekleidung? Welche Ausrüstung ist ansonsten sinnvoll (z.B. Taucherbrille, Schwimmbrille o.ä.)?

In unseren Schwimmkursen verzichten wir gänzlich auf Schwimmflügel oder ähnliches. Diese sorgen zwar dafür, dass der Körper bzw. der Kopf des Kindes an der Wasseroberfläche gehalten wird, allerdings auch dafür, dass die Kinder kein Gefühl fürs Wasser und seine Tragfähigkeit entwickeln. Um selbstständig auf dem Wasser liegen zu können, bedarf es der Anspannung der Rumpfmuskulatur. Dies ist nur in ganz geringem Maße bei der Benutzung von Schwimmflügeln oder „Bienchen“ nötig und macht sie damit eher kontraproduktiv. Besser sind Poolnudeln und kleine Schwimmbretter, Tauchtiere und Ufos/Eggflips.

In ihrer Schwimmkleidung sollten sich Kinder vor allem wohl fühlen. Für Jungen sind enganliegende Badehosen am besten. Shorts hemmen die Beinbewegungsfreiheit und ziehen aufgrund ihrer Saugfähigkeit und Stoffmassen zusätzlich nach unten. Bei den Mädchen sind Badeanzüge sinnvoll. Am besten solche mit einem hohen, fest vernähten Rückkreuz, so dass die Träger nicht rutschen. Und auch hier gilt: Weniger ist mehr. Badeanzüge mit angenähten Röckchen oder glockig geschnittene Tankinis sehen vielleicht niedlich aus, behindern jedoch oft mehr, als dass sie nützen.

Taucherbrillen haben beim Schwimmen gänzlich nichts zu suchen. Diese gehören ausschließlich in den Freizeitbereich. Schwimmbrillen (der Unterschied besteht darin, dass Taucherbrillen die Nase integrieren und Schwimmbrillen ausschließlich die Augen bedecken) hingegen werden erst beim regelmäßigen Schwimmen nach dem Erlernen benötigt. Sicherlich gibt es auch hier manchmal medizinische Gründe, für alle anderen Kinder ist es aber sinnvoll, ohne Schwimmbrille schwimmen zu lernen. Denn dies bildet die Voraussetzung zur Überwindung des Lidschutzreflexes aber auch zur Orientierung unter Wasser.

  1. Ab wann können Kinder schwimmen lernen?

Wir haben im Laufe der Jahre festgestellt, dass sich die Fähigkeit, Arme und Beine gezielt getrennt voneinander zu bewegen, oftmals erst zum 6. Lebensjahr hin entwickelt. Dies bedeutet aber nicht, dass jüngere Kinder kein Schwimmen lernen können. Es hat sich nur gezeigt, dass heutzutage der Großteil der Kinder erst im älteren Stadium die koordinativen Fähigkeiten, das Gefühl für den Wasserwiderstand und Auftrieb erwerben. Dies liegt unserer Meinung nach daran, dass die Kinder nicht mehr dieselben Bewegungserfahrungen machen, da Medien orientiertes Spielen attraktiver wirkt als Klettern, Fahrrad fahren o.ä. Kinder sind dadurch bedingt oftmals grobmotorischer ausgerichtet, verfügen über wenig Körpergefühl und scheitern häufig an ihrer körperlichen Ungeschicktheit und Koordinationsschwäche. Umso mehr ist es wichtig, dass die Eltern den Blick für die Schwimmfähigkeit ihres Kindes nicht verlieren. Bis zur 3. Klasse sollte jedes Kind schwimmen können. Hier gilt das Motto: früh gewöhnen, aber nicht zu viel und zu schnell verlangen. Jedes Kind hat seine individuelle Entwicklungs- und Lerngeschwindigkeit.

  1. Wie kann man auch als Laie mit seinen Kindern gut und sicher schwimmen üben?

Grundlage bildet zunächst, dass man selber gerne und auch sicher schwimmt. Nur wer sich im Wasser wohlfühlt und Sicherheit ausstrahlt, kann dies auch weitervermitteln. Eltern, welche nicht gerne schwimmen, es nicht sicher können, oder aus anderen Gründen eine negative Haltung dazu entwickelt haben, sollten die schwimmerische Ausbildung in andere Hände legen. Eltern sollten zunächst den Bereich Wassergewöhnung und danach die Wasserbewältigung mit den Kindern absolvieren. Das spätere eigentliche Schwimmen lernen ist nur noch der letzte Schritt. Bei der Wassergewöhnung geht es darum, sich im Wasser aufzuhalten, ohne dass es das Kind ängstigt oder verunsichert. Jegliche Bewegungen, die das Kind gerne an Land macht, müssen auch im Wasser gelingen (gehen, laufen, springen etc.). Im Rahmen der Wasserbewältigung geht es dann primär darum, das Wasser „in den Griff“ zu bekommen. Dazu gehört das eigene Körperverhalten im Wasser kennen zu lernen und zu beherrschen, also insbesondere Atmen, Luftanhalten, Tauchen und Springen, Schweben und Gleiten. Alle Verhaltensweisen lassen sich am einfachsten ausschließlich im flachen Wasser erlernen.

  1. Reicht das Seepferdchen, um davon auszugehen, dass ein Kind sicher schwimmt?

Auf keinen Fall. Das Seepferdchen bedeutet nur, dass das Kind unter besonderer Anstrengung in der Lage ist, sich 25 m über Wasser zu halten und fortzubewegen. Hinzu kommt, dass das Kind unter Wasser tauchen und nach einem Gegenstand greifen kann. Es handelt sich hierbei um einen sogenannten Frühschwimmer! Kinder, die nach dem Erlangen des Seepferdchens nicht mehr regelmäßig schwimmen gehen, können unter Umständen innerhalb von 6-8 Wochen das Schwimmen wieder verlernen. Bei uns sprechen wir vom „Schwimmen können“, wenn die Schwimmfähigkeit eine bestimmte Strecke zu schwimmen gegeben ist, das Kind in der Lage ist, seine Schwimmfähigkeit richtig einzuschätzen, die Wasservertrautheit erlangt hat und sich wasserspezifisch (tauchen, gleiten, springen, atmen, schweben, auftreiben und spielen) fortbewegen kann.

  1. Wie findet man den richtigen Schwimmkurs? Oder reicht überhaupt das Schulschwimmen aus?

Im Rahmen der Einschulung werden verschiedene Broschüren in den Grundschulen und Kindergärten herausgegeben. Hier finden sich Kontaktadressen und Ansprechpartner. Jugendämter und Familienzentren helfen auch gerne bei der Suche nach dem richtigen Kurs. Aber auch über das Internet lassen sich zahlreiche Anlaufstellen ermitteln.

Sich allein auf die Schulen zu verlassen, ist ein großes Problem. Für die Lehrer ist es fast unmöglich, zieldifferenten Unterricht für Schwimmer und Nichtschwimmer anzubieten. Umso wichtiger ist es, dass Eltern sich frühzeitig um einen Schwimmkurs kümmern. Leider ist es oftmals so, dass bei den hiesigen Vereinen lange Warteliten (von bis zu 2 Jahren) existieren. Wir vom SV Poseidon Schloß Neuhaus arbeiten allerdings ausschließlich mit einer Liveanmeldung.

  1. Welche Regeln gibt es bei Seen, Flüssen und am Meer?

Grundsätzlich sollten nur geübte Kinder in solchen Gewässern schwimmen gehen. Eine Grundregel lautet: NIEMALS ALLEIN!

Gerade Seen bergen Gefahren in Form von Temperaturabfall durch die Wassertiefe, Schlingpflanzen, unwegsame Ufer etc. Nicht nur aus diesem Grund ist es heute fast überall an den Seen verboten, schwimmen zu gehen. Bei Flüssen hingegen kommen noch Strömungen (auch verborgen unter Wasser), Stromschnellen oder spitze Steine etc. hinzu.

Das Meer ist einer der gefährlichsten Orte zum Schwimmen. Hier herrschen nicht nur unvorhersehbare Strömungen, die selbst geübte Schwimmer abtreiben oder an Felsen, Brücken, Molen o.ä. drücken, sondern auch andere Gefahren wie Tiere und Pflanzen, die nicht immer nett auf Begegnungen mit Menschen reagieren, oder unabsehbare Strudel, Temperaturunterschiede oder das Risiko, die eigenen Kräfte zu unterschätzen, Schwimmt man hinaus, muss man auch den Rückweg noch schaffen. Rettungsschwimmer empfehlen generell, am Meer nur bis zur Taille ins Wasser zu gehen und immer parallel zum Strand zu schwimmen.

Für Strandurlaube mit Kindern und das Baden im Meer gelten vor allen anderen drei goldene Sicherheitsregeln

  • nur an bewachten Strandabschnitten baden
  • Kinder im und am Wasser immer beaufsichtigen
  • “Schwimmen können” bedeutet mindestens das Jugendschwimmabzeichen in Bronze

Eltern tragen grundsätzlich die Verantwortung für die Sicherheit der Kinder. Es darf sich nicht auf die Schwimmmeister oder die Strandaufsicht verlassen werden; besonders an belebten Strandabschnitten entdecken diese einen Notfall mitunter erst, wenn es schon fast zu spät ist. Die Aufsicht über Kleinere darf auch nicht auf ältere Geschwister übertragen werden!

Badespielzeug, das auf dem Wasser schwimmt, ist besonders für kleine Kinder keine gute Idee. Es muss klar sein, dass solche Spielzeuge nicht als Schwimmhilfen taugen; im offenen Meer kann der Wind sie sehr schnell und unvermittelt weit hinaustreiben, und dann muss den Kindern klar sein, dass sie nicht hinterher schwimmen dürfen! Die Wassertemperatur ist ebenfalls wichtiger, als man denkt: Temperaturen unter 17 Grad entziehen dem Körper sehr schnell die Energie. Beim Aufenthalt in Salzwasser verliert der Körper außerdem ungewöhnlich viel Wasser. Kein Salzwasser schlucken und viel Frischwasser mit an den Strand nehmen, um den Flüssigkeitsverlust auszugleichen.

Wellen und die tosende Brandung im Uferbereich sind bei vielen Kindern enorm beliebt, weil sie in den Wellen herrlich toben und springen können. Starke Wellen können aber auch gute Schwimmer überraschend unter Wasser drücken, so dass man die Orientierung verliert und zu viel Zeit fürs Auftauchen braucht. Im Brandungsbereich dürfen Kinder nie mit dem Rücken zum Wasser stehen; besonders Kleinere werden dabei einfach umgeworfen und geraten dann schnell mit dem Kopf unter Wasser. Bevor man sich bei starker Brandung ins Wasser traut, sollte das Wasser eine Viertelstunde beobachtet werden, dies vor allem dahingehend, wie sich andere Badegäste darin machen. Wer Zweifel hat, bleibt lieber draußen!

Und sollten die eigenen Fähigkeiten doch überschätzt worden sein und man sich zu weit raus auf dem Meer befinden, sollten folgende goldene Regeln eingehalten werden:

  • ruhig auf dem Wasser treiben lassen, nicht gegen die Strömung anschwimmen
  • laut und winkend um Hilfe rufen
  • versuchen, parallel zum Strand seitlich aus der Strömung herauszuschwimmen

 

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