Simone Wils, Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt bei der Agentur für Arbeit
Es sollte in diesem Gespräch um den beruflichen Wiedereinstig von Frauen nach der Familienzeit gehen. Der fällt nicht immer leicht, weil man vielleicht nicht beides unter einen Hut bekommt, weil man die passende Stelle nicht findet, weil die rechte Motivation fehlt – warum auch immer. Schnell zeigte sich allerdings, dass das Thema ganz schön komplex und in weiten Teilen auch verzwickt ist, und deshalb geht es in diesem Interview auch um Rollenbilder, um den Blick in unsere Nachbarländer und um das nicht gerade simple Verhältnis von Männern und Frauen…
Wir kennen uns schon eine ganze Weile, und ich habe auch eine Vorstellung davon, was du in deinem Beruf machst, aber jetzt bin ich gespannt, ob das auch tatsächlich stimmt. Wie genau heißt deine Position und was sind deine Hauptaufgaben?
Ich bin „Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt“ bei der Agentur für Arbeit in Paderborn. Meine Aufgabe ist es darauf hinzuwirken, dass Menschen – unabhängig von Herkunft, Geschlecht und Orientierung – die gleichen Möglichkeiten haben, ihre Chancen am Arbeitsmarkt wahrzunehmen. Dazu gilt es, Probleme zu erkennen, Bewusstsein zu schaffen und natürlich auch, Stolpersteine und Hürden aus dem Weg zu räumen. Dazu organisieren wir Veranstaltungen, beraten Frauen in Einzelgesprächen und begleiten auch Unternehmen, die in diesem Bereich aktiver sein wollen.
Man kann sich also einen Gesprächstermin bei dir holen?
Genau, man erreicht mich direkt oder ich rufe auch gerne zurück.
Den Kontakt haben wir unten eingefügt! Das klingt für mich nach einem anderen Wort für Gleichstellungsbeauftragte…
Da gibt es Schnittstellen und viele Punkte, an denen ich mit diesen hier im Haus und in kommunalen Verwaltungen zusammen arbeite. Allerdings ist mein Bereich davon abgegrenzt. Diese Kolleginnen arbeiten stärker – wenn auch selbstverständlich nicht ausschließlich – intern. Sie werden zum Beispiel bei Einstellungsverfahren beteiligt o.ä. Der Fokus bei meiner Stelle richtet sich mehr nach außen und ist stark darauf ausgelegt, Netzwerke zu schaffen, zu optimieren und zu nutzen. Es geht darum, prinzipiell darauf hinzuwirken, dass Männer und Frauen auf dem Arbeitsmarkt gleichermaßen Berücksichtigung finden. Dazu muss zunächst ein noch viel breiteres gesellschaftliches Bewusstsein geschaffen werden, dass es bei der Chancengleichheit am Arbeitsmarkt noch Handlungsbedarf gibt. Es geht um das Aufbrechen von Strukturen, eingefahrenen Denkkategorien und ähnlichem.
Bei den Gleichstellungsbeauftragen höre ich oft, dass die ja eigentlich auch für die Gleichberechtigung von Männern zuständig sind. Letztlich drehen sich die meisten Projekte dann aber um Frauen, weil einfach dort der Bedarf eklatant größer ist. Wie ist das bei dir?
Das gestaltet sich ähnlich. Der wichtige Punkt des Aufbrechens von geschlechtsspezifischer Berufswahl wirkt dann idealerweise natürlich in beide Richtungen.
Um solche Denkmuster aufzuweichen, müsste aber zunächst ergründet werden, wie sie sich festsetzen konnten… Umgekehrt sieht es ja noch übler aus: Männer wählen doch sehr selten als Frauenberufe kategorisierte Tätigkeiten. Die sogenannten „Frauenberufe“ haben zumeist einfach ein schlechteres Image, wenig Prestige und vor allem niedrigere Bezahlung.
Das Ganze ist historisch gewachsen. Wir können uns heute ja kaum vorstellen, dass es in Deutschland bis 1977 der Zustimmung des Ehemannes bedurfte, wenn eine Frau überhaupt arbeiten gehen wollte. Und dann war sie eher an den Stellen geduldet, wo man sowieso schon ihre Fähigkeiten sah: Pflege, Kindererziehung, unterstützende und zuarbeitende Tätigkeiten wie Sekretärinnen. Frauen durften zwar arbeiten, aber man hat nicht erwartet, dass sie davon leben wollen, geschweige denn, eine Familie ernähren sollten. Deshalb erschien eine niedrigere Bezahlung vollkommen angebracht. Und von den Auswirkungen dieser Entwicklungen sind wir noch heute betroffen…
Spannend finde ich, dass du explizit Deutschland nennst. Wir sind doch hoffentlich ein vergleichsweise emanzipiertes Land.
In einigen Ländern, wie beispielsweise Iran, Irak, Indien gibt es einen sehr viel größeren Anteil an Mathematikerinnen und Informatikerinnen. Das west-deutsche Rollenverständnis von berufstätigen Frauen und insbesondere Müttern leidet leider im Ansatz noch immer an der Nazivergangenheit und dem dort stilisierten Mutterbild. In den meisten Ländern sieht man einfach keinen Widerspruch von Muttersein und Karriere. Den Begriff der „Rabenmutter“ gibt es nur bei uns.
Momentan scheint es mir hier ganz besonders schwierig zu sein: Entscheidet sich eine Frau, den Beruf zugunsten der Familie aufzugeben oder länger zu pausieren, wirft man ihr bestenfalls vor, unemanzipiert zu sein, im schlechtesten Fall sogar Faulheit auf Kosten des Mannes. Gehen sie auf der anderen Seite aber arbeiten, womöglich nach nur kurzer Elternzeit oder sogar in Vollzeit, ist das auch nicht richtig.
Ach, das kann man doch auch als befreiend empfinden. Bei kaum einer Lebenssituation gibt es so viele Einmischungen und Meinungen von außen wie bei der Erziehung von Kindern. Warum lassen wir Mütter das so sehr an uns heran und nehmen uns das auch noch zu Herzen? Wofür wir uns auch entscheiden: Es wird immer Stimmen geben, die unsere Entscheidungen für grundfalsch halten und möglicherweise sogar das Wohl des Kindes gefährdet sehen. Daher besteht eine mögliche Lösung darin, sich von diesen Stimmen frei zu machen und die eigenen Ziele in den Blick zu nehmen.
Ich wage zu behaupten, dass Männer sich weder den einen noch den anderen Vorwürfen aussetzen müssen und dass sie deutlich weniger betroffen sind von Schwierigkeiten beim Wiedereinstieg in den Beruf. Gibt es da überhaupt Beratungsfälle?
Das stimmt. Diese Vorwürfe richten sich in der Regel nicht an Männer, die ja traditionell die Ernährer-Rolle zugewiesen bekommen. Von daher entsteht bei ihnen dieses Dilemma von vorneherein nicht. In Bezug auf die Beratungen besteht schon auch ein Bedarf – allein dadurch, dass zunehmend auch Männer Familienverantwortung übernehmen und Elternzeiten in Anspruch nehmen. In diesem Zusammenhang stehen aber zumeist andere Fragestellungen im Fokus, selten die Vereinbarkeitsproblematik.
Ich habe mal gelesen, dass im Beruf Kinder bei Frauen als Schwäche angesehen werden, weil sie ja dann bestimmt an nichts anderes mehr denken können, und bei Männern als Pluspunkt, weil sie schließlich Verantwortung übernehmen.
Das mag durchaus noch zum Teil gelten, genauso wie Männer in Familienzeit oft eher bedauert werden, denn der Arme muss so viel tun, weil seine Frau egoistischerweise arbeiten will. Ich habe auch noch nie gehört, dass ein Vater bei einem Einstellungsgespräch zu seiner Flexibilität befragt worden ist und wie an den Randstunden die Kinderbetreuung abgesichert ist. Fakt ist aber vor allem, dass in den meisten Beziehungen noch immer der Mann mehr verdient und daher die Entscheidung, wer zu Hause bleibt oder die Arbeitszeit reduziert, schlicht nach finanziellen Aspekten getroffen wird, und diese Modelle durch das Ehegattensplitting – auch so ein Name…- obendrein steuerlich unterstützt werden.
Und für viele Frauen bedeutet das dann einen großen Einschnitt in ihrer Berufslaufbahn oder gar deren Ende. Gerade im Hinblick auf die Rente wächst bei einigen ein großes Problem. Das empfinde ich als hochgradig ungerecht. Warum zahlen Menschen ohne Kinder nicht mehr, um das auszugleichen? Mit Verlaub sollen diese Kinder ja auch ihre Renten und Pensionen mal zahlen.
Ja, hier sind innovative Modelle der Absicherung längst überfällig. In einigen skandinavischen Ländern wird in der Familienpolitik sehr viel Wert auf die Vollbeschäftigung gelegt. Um dies zu managen, steht den berufstätigen Müttern und Vätern ein ausgereiftes Angebot für die Kinderbetreuung zur Verfügung. Das Betreuungsangebot ist öffentlich finanziert und die Eltern leisten lediglich einen Elternbeitrag. Durch den Fokus auf die weitere Beschäftigung entsteht eine Vielzahl der benannten Probleme gar nicht erst in dieser Schärfe.
In den 26 Mitgliedstaaten der OECD in Europa haben Frauen im Durchschnitt ein um 25% geringeres Alterssicherungseinkommen als Männer. Deutschland liegt im Ländervergleich der OECD mit einem Gender Pension Gap von46% auf dem letzten Platz. Es gibt hier also noch viel zu tun…
Besonders bitter wird es bei unverheirateten Paaren wurde mir neulich mal erklärt, denn für sie gibt es keinen Versorgungsausgleich bei Trennungen und keine Hinterbliebenenrente.
Auch das ist ein wichtiger Faktor, der neue Regelungen hinsichtlich der Absicherung dringend erforderlich macht und zeigt, dass es hier in Bezug auf die Care-Phasen unbedingten Nachholbedarf gibt. Es ist absolut sinnvoll, dass sich Paare schon frühzeitig darüber austauschen, wie eine Absicherung des Partners/der Partnerin mit den bestehenden Möglichkeiten und Regelungen erfolgen kann.
Tja, aber da gilt es die ein oder andere Stolperfalle zu vermeiden oder zumindest zu meistern. Ich kenne einige Fälle, bei denen sich Frauen mit Bekanntgabe der Schwangerschaft eigentlich schon aus dem Beruf und mit dem Mutterschutz komplett aus dem Unternehmen verabschiedet haben, dann sämtliche Möglichkeiten von Verlängerung ausschöpften und sich schließlich wunderten, warum sie nach der Elternzeit nicht mehr so richtig willkommen schienen und eben auch entbehrlich geworden waren. Da habe ich dann schon das ein oder andere Mal gedacht, man hätte es kommen sehen können. Was wäre dein Tipp, um den Wiedereinstieg in seine alte Stelle, seinen alten Beruf schon frühzeitig mitzudenken?
Da gibt es mehrere Ansätze. So wird beispielsweise der (Wieder-)Einstieg leichter, wenn die Kommunikation zum Unternehmen während der Auszeit bestehen bleibt. Das ist aber keine Einbahnstraße und liegt auch in der Hand der Unternehmen; einige legen inzwischen spezielle Programme für die Wiedereinsteigenden auf. Es besteht ja in der Regel von beiden Seiten das Interesse im Kontakt zu bleiben und fachliches Know-how aktuell zu halten. Dabei sollte im gegenseitigen Austausch der beste Weg gefunden werden, um sich zu Neuerungen im Betrieb auf dem Laufenden zu halten. Das können Kleinigkeiten sein, wie die Einladung zu Feiern oder auch Fortbildungen, das Informieren über aktuelle Änderungen etc.. Arbeitnehmerinnen können durchaus noch Interesse zeigen, eine Bindung zum Unternehmen aufrechterhalten und damit dann auch sichtbar bleiben.
Sind Kinder für Frauen in den meisten Fällen tatsächlich Karrierekiller?
Nicht mehr zwangsläufig, zum Glück. Jedoch gibt es Studien, die zeigen, dass in Unternehmen eher die Mitarbeitenden gefördert und befördert werden, die besonders präsent sind. Damit werden Frauen in Teilzeitbeschäftigung oder mit großem Homeoffice-Anteil weniger gesehen und bei Beförderungen öfter übergangen.
Wir haben jetzt vor allem über die Rückkehr zu einer bestimmten Stelle oder zumindest Firma gesprochen. Allgemeiner muss man aber vielleicht auch einfach nur im eigenen Beruf am Ball bleiben. Gibt es dazu bei der Agentur beispielsweise Möglichkeiten der Weiterbildung?
Das ist ein wirklich wichtiger Aspekt. Einerseits gibt es die Möglichkeit auch mit dem Arbeitgeber abzustimmen, ob da intern Möglichkeiten bestehen, zum anderen gibt es auch Unterstützungsmöglichkeiten durch den Bund oder die Länder. Die Agentur für Arbeit einzubeziehen ist sicher sinnvoll, um sich einen Überblick über die individuellen Möglichkeiten zu verschaffen. Hinsichtlich einer konkreten Förderung durch die Agentur für Arbeit sollte bereits der Wunsch nach einem beruflichen Wiedereinstieg in einem engen zeitlichen Zusammenhang stehen.
Man muss sich also erstmal als arbeitssuchend melden?
Genau. Es sollte der Wunsch für einen Wiedereinstieg in das Berufsleben im Vordergrund stehen. Dann können Unterstützungsangebote durch die Agentur für Arbeit oder eventuell – wenn die Voraussetzungen erfüllt sind – weitere Förderleistungen auf die individuelle Situation bezogen, abgestimmt und abgesprochen werden.
Nicht selten steht man vor dem Dilemma, dass man keinen Betreuungsplatz bekommt, wenn man nicht arbeitet, aber eben ohne Betreuungsplatz keine Arbeit annehmen kann.
Die institutionelle Betreuungssituation vor Ort ist tatsächlich nicht optimal. Wer als arbeitssuchend gemeldet ist, kann dies als Dringlichkeitsfaktor bei der Suche nach Betreuung durchaus angeben. Aber die Suche nach der optimalen Betreuungsplatz ist oftmals ja nicht die einzige Herausforderung. Vielleicht kann dort die gewünschte Betreuungszeit nicht abgesichert werden und es werden kreative Lösungen für die Randstunden erforderlich, um etwas Flexibilität zu ermöglichen. Hier sind enge Absprachen innerhalb des Familien-/Partnerschaftssystems hilfreich, um anfallende Aufgaben umzuverteilen. Aber dabei müssen Mütter auch bereit sein, Aufgaben und Verantwortung zu delegieren.
Als Mutter gerät man aber auch leicht in ein emotionales Dilemma: Man will im Beruf und in der Familie hundert Prozent geben, was zum Scheitern verurteilt ist. Dann wird man gezwungen, immer wieder zu priorisieren. Ich habe nicht selten gehört, dass sich Frauen lieber selbst krankmelden, als zuzugeben, dass ihr Kind krank ist, weil man ihnen das als Schwäche auslegen würde. Oder weil sie das selbst so empfinden. Und dann die vielen anderen Sachen: Aufführungen, Elternsprechtage … da will man ja auch dabei sein.
Dazu möchte ich zwei Punkte ansprechen. Einerseits ist auch hier die Fähigkeit des Delegierens gefragt. Auch wenn es sicher erstrebenswert ist, alle Meilensteine im Leben des Kindes erleben zu können, gibt es auch Aufgaben die durch das Unterstützungssystem übernommen werden können.
Zum anderen findet auch in den Unternehmen in weiten Teilen ein Umdenken statt. Idealerweise gehört Familienfreundlichkeit zur Unternehmenskultur und es wird flexibles Arbeiten ermöglicht. Natürlich ist das nicht in allen Arbeitsbereichen so möglich, aber enge Absprachen zur Situation können auch beim Arbeitgeber für Verständnis und Unterstützung sorgen. Eine gut eingearbeitete Mitarbeiterin lässt im Normalfall niemand gerne gehen.
Ich habe auch schon gehört, dass gerade Familienmenschen und insbesondere Mütter oft viel flexibler sind, weil sie es einfach gewohnt sind, zu organisieren, zu reagieren und so weiter.
Das kann ich mir auch gut vorstellen. Daneben hat die Organisationsfähigkeit aber auch ihren Preis. Die Doppelbelastung durch Familie und Beruf erzeugt eben neben den verschiedenen Verantwortlichkeiten und der Angst, etwas zu vergessen auch Druck. Hier hilft nur, die vielen anstehenden sichtbaren und unsichtbaren Aufgaben gut aufzuteilen. Dabei müssen Frauen aber auch lernen, Aufgaben abzugeben und zu delegieren und dabei auszuhalten, dass der Partner/die Partnerin diese Aufgaben vielleicht anders und nicht ganz so perfektionistisch angeht, wie sie selbst es tun würden. Dahinter steckt ja dann nicht selten der Gedanke „das kann niemand so gut wie ich“ oder „das kann nur so gemacht werden, wie ich das machen würde“. Da muss eine andere Herangehensweise manchmal auch „ausgehalten“ werden.
Oh ja, das kenne ich! Wenn Papa die Kinder angezogen hat und Mama nochmal die andere Jacke raussucht oder Schal und Mütze drauflegt, nicht selten unter stummen Vorwurf. Da muss man sich nicht wundern, wenn Papa ständig nachfragt oder eben die Tätigkeit einstellt.
Ja genau, Mütter müssen eben auch lernen zuzulassen, dass es verschiedene Herangehensweisen zur Lösung der Aufgaben gibt und da sind enge Absprachen elementar wichtig.
Das klingt, als wären die Frauen selbst eine der größten Hürden für ihren Wiedereinstieg in den Beruf. Wie kommst du mit deiner Arbeit dabei ins Spiel?
Wir können diese Analyse der eigenen Situation unterstützen. Ich sehe oft, dass Frauen sagen, sie möchten wieder arbeiten, können aber nicht. Gemeinsam kann dann gezielt herausgestellt werden, welche Faktoren sie als Verhinderer ansehen und ob das wirklich welche sind. Eventuell können wir auf bestimmte Hilfen bei der Betreuung aufmerksam machen, gezielt Weiterbildung oder sogar Umschulungen anbieten.
Sind manche Berufsgruppen stärker von Schwierigkeiten beim Wiedereinstieg betroffen als andere?
Relativ leicht gelingt die Berufsrückkehr dort, wo der Fachkräftebedarf besonders hoch ist, schwieriger kann es in Gebieten werden, die sich schnell wandeln oder hohen Weiterbildungsbedarf haben. Natürlich ist auch die Dauer der Familienzeit ein wesentlicher Aspekt. In Berücksichtigung dieser Faktoren braucht es vielleicht mehr Vorlauf oder eine längere Einarbeitungsphase. Vielleicht ist in manchen Bereichen auch der Blick in ähnliche Berufsfelder hilfreich, um mit gezielten Maßnahmen auf bestehenden Kenntnissen aufbauen zu können.
Viele Frauen scheinen mit der Elternzeit auch ganz gerne einen Schnitt zu setzen, um sich komplett neu zu orientieren.
Sicherlich kann der Wiedereinstieg auch die Chance zum Reset sein, um das bisher Erreichte zu betrachten und eigene Ziele neu zu definieren.
Bei allem, worüber wir gesprochen haben, scheint mir, dass es noch viel um Idealismus geht und um guten Willen. Ein Förster hat mir mal erzählt, dass man in seinem Beruf eigentlich nie das Ergebnis der eigenen Arbeit sieht, man stößt sie nur an und hofft, dass zukünftige Generationen davon profitieren. Das kommt mit bei dir ähnlich vor. Was wäre deine Vision? Wo sollten wir hinkommen?
Ich wünsche mir, dass wir die Kategorien und Zuweisungen von Männlich und Weiblich, Schwarz und Weiß, Richtig und Falsch in den Köpfen endgültig ändern und dadurch mehr Offenheit in Bezug auf die Rollen zulassen. Wir müssen uns wandeln und unseren Kindern Rollenvorbilder bieten, die sich weniger an den tradierten Werten als an den individuellen Stärken des Kindes orientieren. In der Konsequenz sollten wir also schon in der Erziehung auf Klischeefreiheit achten (soweit das eben möglich ist), und vielleicht ist das wirklich ein bisschen wie Bäume pflanzen. In diesem Zusammenhang ist vielleicht auch interessant, sich einmal den Global Gender Gap anzuschauen. Da wird anhand von vier Faktoren, nämlich Gesundheit, Bildung, Wirtschaft und Politik gemessen, wie weit die Gleichberechtigung der Geschlechter fortschreitet. Dabei wird prognostiziert, dass wir weltweit die Gleichberechtigung in etwa 100 Jahren erreichen könnten.
Ich muss gestehen, dass ich das pessimistischer eingeschätzt hätte. So finden wir doch noch ein optimistisches Ende für dieses spannende Gespräch. Vielen Dank dafür!
Den Kontakt zu Simone Wils findet ihr hier.