Weserrenaissance-Museum Schloss Brake Lemgo

Foto: Harald Morsch

Vor allem der imposante Turm von Schloss Brake ist ein Wahrzeichen nicht nur der Stadt Lemgo, sondern der ganzen Region Lippe. Die gesamte Anlage ist eindrucksvoll, komplett mit Burggraben und großem Innenhof. Im Frühjahr erst wurde das dort beherbergte Museum nach umfangreichen Umbauarbeiten neu eröffnet, und das mussten wir uns natürlich mal genau ansehen und haben uns deshalb sehr über die Einladung dorthin gefreut.

In der verwunschenen Atmosphäre eines Herbsttages waren wir dort, und ein bisschen märchenhaft fühlte es sich schon an, als wir in Nebel und Nieselregen über die Brücke auf das Schloss zusteuerten. Dort waren wir verabredet mit Museumspädagogin Ann-Kathrin Wiemann, mit der wir nicht nur einen Rundgang durch die komplett neu gestaltete Dauerausstellung machen, sondern vor allem die erste Sonderausstellung nach Wiedereröffnung des Museums anschauen wollten. Die Geschichte des Schlosses geht schon auf das spätere 16.Jahrhundert zurück, und das Gebäude hat nach seiner Geschichte als fürstlicher Residenz die ein oder andere Nutzungsänderung erfahren – darunter als Heimat einer fürstlichen Brauerei – bevor es heute als Sitz des Landesverbandes Lippe und Museum genutzt wird. Die ständige Ausstellung zeigt eine Sammlung von Gegenständen der Weserrenaissance, die einen anschaulichen Einblick in das fürstliche Leben dieser Epoche vermittelt. Gemälde, Keramik, Devotionalien, Kleidung oder auch Möbel dieser Zeit sind anschaulich in Szene gesetzt. Einige Mitmachstationen laden zum Erfahren mit allen Sinnen ein und machen den Museumsbesuch auch für Kinder abwechslungsreich und interessant. Die neu erstrahlenden Räume sind natürlich besonders ansprechend und einladend.

Foto: Harald Morsch

Zahlreiche Veranstaltungen und vor allem Themenführungen bereichern das Angebot. Die museumspädagogischen Angebote laden mit regelmäßigen Familienführungen (an jedem ersten Sonntag im Monat) und speziell buchbaren Erlebnistouren oder Geburtstagesprogrammen ab dem Kindergartenalter laden insbesondere Kinder und ihrer Begleiter ins Schloss ein.

„Mach’s Maul auf – Reformation im Weserraum“ heißt die aktuelle Sonderausstellung, mit der wir uns bei unserem Besuch vor allem beschäftigt haben. Wer nun meint, das sei doch schon ein bisschen konstruiert, die Reformation mit solch lokalem Anspruch darzustellen, der irrt. Tatsächlich nämlich wurden die Gedanken der neuen Kirche zuerst in dieser Gegend umgesetzt. Und damit ist die Beschäftigung mit Luther und seiner Zeit nicht nur passend zum Jubiläumsjahr, sondern auch ein wesentlicher Teil der Weserrenaissance-Zeit. In Bildern, Exponaten und tatkräftigen Aktionen  besuchten wir die Ausstellung als Familienerlebnis. Im Mittelpunkt stand sicherlich das berühmte Luther-Gemälde seines Freundes Lucas Cranach, das nahezu eine Ikone des Reformators darstellt. Für die Kinder aber waren es mal wieder ganz andere Dinge, die besonderen Eindruck machten.

KINDERMEINUNG

Foto: Harald Morsch

Unser Testteam war diesmal gut besetzt, denn von Schloss Brake gehört hatten zwar einige schon, da gewesen war aber noch keiner von uns, so dass eine größere Gruppe sich auf den Weg nach Lemgo machte. Anna, Franziska, Grischa, Julius, Lissy, Marlen und Marleen (alle zehn Jahre), Amalia und Katharina (beide acht Jahre), Paula und Milla (sechs Jahre) und als kleine Schwester Lisann (vier Jahre) besuchten als Testkinder das Schloss. Gleich im Eingangsbereich lockte der Museumsshop mit zahlreichen wirklich gut ausgesuchten und thematisch passenden Angeboten. Da allerdings dämmerte es auch denen, die es noch nicht wussten: Heute Morgen würde es um Martin Luther gehen. Nun muss man sagen, dass vor allem die Größeren zum Ende des sogenannten „Luther-Jahres“ echt ein bisschen geschädigt waren. Denn bei den meisten von ihnen waren in mehr als einem Schulfach Luther und die Reformation Thema gewesen. Der Extra-Feiertag lag für sie ja in den Ferien und hatte sie daher nicht wirklich damit versöhnt, dass ihnen das Thema wahrlich mehr als einmal begegnet war. So hatte es Frau Wiemann nicht gerade leicht, die Kinder zu begeistern. Aber schon nach kurzer Zeit waren sie ganz bei ihr, denn ihre Führung unterschied sich herrlich von vielen anderen sehr trocken-theoretischen Begegnungen mit Martin Luther. Sie vermochte es, das Vorwissen der Kinder einzubauen und gleichzeitig doch noch Neues einzustreuen und die Exponate dabei einzubeziehen. So gefiel es den Kindern sichtlich, beim einführenden Bildertheater die Geschichte Martin Luthers mit zu erzählen. Lisann, die Jüngste in der Runde und vermutlich am wenigsten mit dem Thema vertraut, erzählte später, dass sie diese illustrierte Erzählung am schönsten fand. Die Großen mochten vor allem die Mitmachteile. Der höchste Punkt unseres Besuches war das fürstliche Studierzimmer im Turm, der Höhepunkt für die Kinder war aber in fast einhelliger Meinung das „Verkloppen“ des Teufels an der Wand mit Klebehänden (in Anlehnung an Luthers Wurf mit dem Tintenfass). Insgesamt konnten sie sich für das Thema  – noch einmal – richtig begeistern. Und selbst nach dieser ausgiebigen Führung wollten sie noch einmal zu den Museumsstücken, die nicht vorgekommen waren, wie der eindrucksvollen Ritterrüstung für Reiter und Pferd oder den Riechkolben, die beliebte Gerüche der Zeit vorstellten. Was kann man mehr wollen, als wenn die Kinder noch mehr Museum wollen?

ELTERNMEINUNG

Wo den Kindern die Souvenirs ins Auge fielen, schielten nicht wenige Eltern gleich am Eingang auf die gemütliche Café-Ecke, die den Besuch abrundete. Man kann sagen, dass auf Schloss Brake weniger eine Luther-Ausstellung denn eine Reformationsausstellung gezeigt wird. Sehr gut kam rüber, warum es eigentlich zur Reformation kam und wie Luther seine Ideen verbreitete; ganz wie es der Untertitel der Ausstellung verspricht. Kindgerecht, aber nicht oberlehrerhaft wurde das Thema erklärt. Dabei konnte man Vorwissen mitbringen, musste es aber nicht. Was sind eigentlich Heilige? Wie war das mit dem Glauben ans Fegefeuer? Was ist von Luthers Ideen geblieben? Und was hat eigentlich Weihnachten damit zu tun? Überhaupt war die Mischung aus Vortrag, Erklärungen und aktiven Teilen sehr ausgewogen, so dass zwar ein paar Kindern etwas weniger Zuhören auch gereicht hätte, andere aber ausgesprochen überrascht waren, dass wir insgesamt etwa zwei Stunden im Museum unterwegs waren. Sie fanden den Besuch besonders kurzweilig. Ganz nebenher erliefen wir die schöne Anlage des Schlosses: im Keller wurden Spiele ausprobiert, die nachweislich schon Luther kannte, und die Treppen zum Turm wurden Schauplatz eines Bußgangwettrennens (im Büßerhemd auf Knien die Treppe hoch – mit Fleece-Tüchern vielleicht auch was für den nächsten Hausputz ?). Sehr aufschlussreich für uns Eltern war auch der Thesenanschlag der Kinder, bei dem sie ihre persönlich empfundenen Missstände anprangern und buchstäblich an die Tür schlagen durften. Das taten einige von ihnen mit besonderer Inbrunst. Hausaufgaben und Aufräumen führen die Hitliste der Kritikpunkte klar an. Es hat Spaß gemacht, die Kinder durch die Ausstellung zu begleiten. Unsere Führerin hatte ein sehr gutes Gespür für die Gruppe, die wegen der Altersspanne nicht ganz einfach war. Und vor allem uns Erwachsenen hat es natürlich auch viel Freude bereitet, durch ein so neues Museum zu gehen.

Die Ausstellung „Mach’s Maul auf – Reformation im Weserraum“ wird auf Schloss Brake noch bis zum 7. Januar 2018 gezeigt. Weitere Informationen dazu, ebenso wie zur Dauerausstellung und den umfangreichen museumspädagogischen Angeboten finden sich unter www.museum-schloss-brake.de.

Kleiner Extra-Tipp: In der Hörbuch-Reihe Abenteuer und Wissen (Headroom Verlag) beschäftigt sich eine sehr hörenswerte Folge mit Martin Luther!

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